Die Genossenschaft ZFV-Unternehmungen ist auf Kurs. Mit Investitionen in die Zukunft konnten im 2023 wichtige Zwischenziele erreicht und die Basis für weiteres Umsatzwachstum gelegt werden. Entsprechend zufrieden zeigen sich Esther von Ziegler, Verwaltungsratspräsidentin ZFV, und Nadja Lang, CEO und Delegierte des Verwaltungsrats ZFV, im Gespräch mit Natalie Rotschi, Kommunikationsmanagerin ZFV, zum Jahresergebnis 2023. Mit der Strategie ZFV150+ sind zudem wichtige Marktentwicklungen aufgenommen worden: Als Kuratorin inspirierender Begegnungsorten sorgen wir dafür, dass sich die Gäste an allen unseren Standorten und zu jeder Tageszeit wohlfühlen. Der ZFV setzt dafür Massnahmen in sechs Dimensionen um und arbeitet wo möglich und sinnvoll zusammen mit Partner:innen, die den Gästen und dem Unternehmen einen Mehrwert bieten.
2023 – ein Jahr voller Erfolgsgeschichten
Dieses Interview ist Teil vom Geschäftsbericht 2023. Den Jahresrückblick mit sämtlichen Beiträgen findest du hier.
«Als Kuratorin von Begegnungsorten, sorgen wir dafür, dass sich unsere Gäste wohlfühlen»
Interview zum Frühstück
Esther von Ziegler, Verwaltungsratspräsidentin der ZFV-Unternehmungen, und Nadja Lang, CEO und Delegierte des Verwaltungsrats der ZFV-Unternehmungen.
Der ZFV konnte im 2023 einen Umsatz von rund CHF 286 Mio. erzielen, verzeichnete aber trotz Verbesserung gegenüber dem Vorjahr einen negativen EBIT.
Esther, bist du mit dem Ergebnis so zufrieden?
Esther von Ziegler: Das Umsatzergebnis 2023 zeigt, dass wir bereits einen grossen Teil des Corona-Einbruchs aufholen konnten. Was wir uns vorgenommen haben, haben wir umgesetzt. Dass wir trotz umfangreichen und bewussten Investitionen in Projekte der Zukunft gegenüber dem Vorjahr unser EBIT-Ergebnis steigern konnten, ist aus meiner Sicht besonders erfreulich. Unsere Anstrengungen gehen also klar in die richtige Richtung. Und doch: Es liegen noch wichtige Aufgaben vor uns, um dort hinzukommen, wo wir hinwollen.
Nadja, wir ordnest du das Ergebnis ein?
Nadja Lang: Ich bin mit dem, was wir im 2023 erreicht haben – auch mit dem erwirtschafteten Umsatz – sehr zufrieden. Mit 20 neuen Betrieben, die wir im Berichtsjahr neu eröffnen durften, haben wir eine sehr gute Basis für weiteres Umsatzwachstum geschaffen. Mit unseren Investitionen, sei es beispielsweise in die Nachhaltigkeit, in Partnerschaften, in den Ausbau unsere Hotels oder die Einführung der Einkaufsplattform Gastroport, stärken wir unsere Wettbewerbsfähigkeit. Mittelfristig müssen wir unser Ergebnis weiter verbessern. Aber wir haben im 2023 wichtige Zwischenziele erreicht, auf denen wir weiter aufbauen können.
Welche operativen Herausforderungen im Bereich Gastronomie und Hotellerie prägten das Berichtsjahr besonders stark?
Nadja Lang: Ich sehe vier operative Herausforderungen: Erstens haben wir im Berichtsjahr 20 neue Betriebe eröffnet. Das bedeutet ein immenses Wachstum von fast 15%. Zweitens ist der Geschäftsverlauf extrem volatil. Die Planbarkeit, die es früher gab, existiert heute so nicht mehr: Unsere Gäste sind sehr flexibel unterwegs, und zwar nicht nur bezüglich der Wochentage, sondern auch innerhalb ihres Tagesablaufs. Drittens beschäftigt uns der Fachkräftemangel. Wir müssen viel Aufwand betreiben, um gute Leute zu rekrutieren und um nach aussen zu zeigen, was wir als Arbeitgeberin bieten, was durchaus sehr viel ist. Und viertens: Wir wollen die Wünsche unserer Gäste erfüllen: Hier spüren wir den Trend zu immer mehr Individualität. Zusätzlich zu diesen vier Punkten, sind es die allgemeinen Rahmenbedingungen wie Zinsen, hohe Energie- und Rohstoffpreise oder der starke Wettbewerb in einem tiefmargigen Umfeld, die uns beschäftigen. Die Rahmenbedingungen sind generell anspruchsvoller geworden.
Marktentwicklung
Dass viele Arbeitnehmende zwei bis drei Tage Homeoffice machen, verändert die Frequenzen in den Personalrestaurants.
Wie ist dieser Trend längerfristig zu beurteilen?
Esther von Ziegler: Die veränderten Frequenzen in den Personalrestaurants und die individuellen Bedürfnisse unserer Gäste werden bleiben. Die Gäste suchen neu über den ganzen Tag verteilt nach Orten, wo sie sich aufhalten, arbeiten und lernen, essen oder sich einfach nur treffen und austauschen können. Wir setzen deshalb auf eine Umwandlung weg von den reinen Mittagsfrequenzen hin zur Ganztagesnutzung unserer Räumlichkeiten. Wir entwickeln bestehende Begegnungsorte weiter und kreieren neue. Dabei nehmen wir die veränderten Ansprüche und Bedürfnisse unserer Gäste auf.
Für welche weiteren Trends der Zukunft ist der ZFV dran, vorausschauende Lösungen zu finden?
Nadja Lang: Es ist uns ein Anliegen genussvolle, gesunde Ernährung zu erschwinglich Preisen anzubieten und Transparenz auf dem Teller zu schaffen. Die Gäste wollen heute ganz genau wissen, woher die eingesetzten Nahrungsmittel kommen, wer das verarbeitete Gemüse angebaut hat, etc. Zudem braucht es digitale Tools, die für die Gäste eine Vereinfachung beim Konsum und für uns eine Steigerung der betrieblichen Effizienz bringen. Wir glauben aber gerade in einer immer schnelleren, komplexeren und digitaleren Welt noch viel mehr an den Wert der persönlichen Begegnungen. Deshalb wollen wir als Kreatorin eigener Konzepte und als Kuratorin zusammen mit Partner:innen nachhaltige und inspirierende Begegnungsorte schaffen. Wir setzen – wie es Esther bereits gesagt hat – auf bestehende und neue Begegnungsorte, wo Kulinarik, Gesundheit, Atmosphäre, Kommunikation und Gastfreundschaft zusammenkommen.
ZFV-Strategie
Im Rahmen der Strategie ZFV150 hat der ZFV in den letzten Jahren viel in die Mitarbeitenden, die Digitalisierung oder die Prozessoptimierung investiert.
Wie zahlen sich diese Investitionen aus?
Ester von Ziegler: Diese Investitionen sind sehr wichtig. Sie helfen zum einen, uns effizienter zu machen bzw. haben uns bereits effizienter gemacht. Zum anderen erfüllen wir mit den Investitionen die Bedürfnisse unserer Stakeholder z. B. in Bezug auf mehr Nachhaltigkeit oder eine noch stärker wahrnehmbare Attraktivität als Arbeitgeberin. Wir dürfen nicht vergessen: Als Genossenschaft sind wir faktisch ein NGO, d. h. wir schütten keine Gewinne aus. Alles, was wir erwirtschaften, wird in Leistungen für die Gesellschaft reinvestiert. Das ist ein wichtiger Punkt, den es zu beachten und vor allem auch immer wieder zu kommunizieren gilt.
Nadja Lang: Dass sich die Investitionen auszahlen, zeigt sich u.a. im positiven Feedback unserer Gäste und unserer Auftraggebenden zu unseren Konzepten. Kernbedürfnisse sind dabei das Kundenerlebnis und die Kulinarik. So haben wir z. B. gezielt in den Ausbau und die Weiterentwicklung unseres Food & Beverage-Teams investiert. Durch aussergewöhnliche Kulinarik bringt dieses Team das Thema Nachhaltigkeit unseren Gästen genussvoll näher. Mit dem neuen Menüleitsystem FOOD2050 zeigen wir ihnen die Klimawirkung pro Menü und sensibilisieren für einen verantwortungsbewussten Konsum. Das zeigt Wirkung. Nur so können wir übrigens auch unsere CO2-Ziele als Unternehmen erreichen.
Die Marktbedingungen und die Gästebedürfnisse entwickeln sich rasant weiter. Die ZFV-Unternehmungen haben letztes Jahr ihre Strategie weiterentwickelt. Wir sprechen jetzt von ZFV150+.
Wofür steht das Plus?
Esther von Ziegler: Unsere Vision, Mission und Werte sind gesetzt. Die grundsätzlichen Leitplanken der im 2020 entwickelten Strategie ZFV150 sind entsprechend weiterhin gültig. Doch wir dürfen nicht vergessen: Unsere Strategie haben wir vor der Corona-Krise lanciert und seither haben sich die Marktbedingungen und die Bedürfnisse der Gäste rasant weiterentwickelt. Das Plus steht für die Erkenntnisse, die wir laufend gewonnen haben und die wir in unsere Strategie integrieren. So haben wir zum Beispiel das Thema Begegnungsorte strategisch verfeinert.
Nachhaltigkeit
Weshalb hat die Nachhaltigkeit einen so wichtigen Stellenwert beim ZFV?
Esther von Ziegler: Wir sind als Genossenschaft von je her einem gesellschaftlichen Zweck verpflichtet. Unsere Vision «Gastfreundschaft für eine Gesellschaft, in der wir alle leben wollen» geht mit dem Anspruch für ein sorgsames, vorausschauendes und nachhaltiges Handelns einher. Aber auch die gesellschaftlichen Veränderungen zeigen, dass es ohne eine nachhaltige Denk- und Handlungsweise nicht geht. Wir haben im 2022 ambitionierte Nachhaltigkeitsziele strategisch verankert und arbeiten daran, diese Ziele zu erreichen. Als Unternehmen wollen wir langfristig profitabel wachsen, um in unsere gesellschaftlichen Ziele zu investieren.
Was wurde im Bereich Nachhaltigkeit im 2023 konkret erreicht?
Nadja, Lang: Wir sind als Unternehmen dem Netto-Null-Ziel bis 2050 verpflichtet. Dass unsere Klimaziele im 2023 von SBTi (Science Based Targets initiative) validiert worden sind, freut mich sehr! Unsere Klimaziele erreichen wir aber nur gemeinsam mit unseren Gästen. Deshalb ist für mich die weitere Ausrollung des Menüleitsystems FOOD2050 in unseren Betrieben sehr wichtig. FOOD2050 ist die kommunikative Übersetzung des Klimathemas für unsere Gäste. Wir geben damit unseren Klimazielen ein Gesicht und bringen das Thema in den Alltag bzw. auf jeden Teller. Mit diesem Tool kann sich jeder Gast nachhaltiger und gesünder ernähren, wenn er oder sie es will. Er oder sie sieht, welchen Impakt ein Menü auf das Klima hat. Wir haben in diesem Zusammenhang auch viel in das kulinarische Angebot investiert – u.a. in die strategische Partnerschaft mit roots. Gemeinsam zeigen wir, dass pflanzenbasierte Menüs toll sind und der Gast dabei nicht auf Genuss verzichten muss. Auch die Einführung unserer neuen Einkaufsplattform Gastroport unterstützt positiv die Umsetzung der Nachhaltigkeitsstrategie.
Begegnungsorte
Es wird im Gespräch mit Euch klar: Es dreht sich alles um inspirierende Begegnungsorte.
Deshalb nochmals konkret: Wofür steht «Begegnungsort» für den ZFV?
Esther von Ziegler: Ein Begegnungsort ist dort, wo etwas Gutes für das soziale Wesen Mensch stattfindet. Es sind zum einen Orte, an denen Menschen zusammenkommen und ihre individuellen Bedürfnisse beim Arbeiten, beim Lernen, beim Erholen, beim Essen etc. erfüllt werden. Es sind zum anderen aber auch Orte, die emotional berühren, wo man gerne hingeht, weil man sich einfach wohlfühlt, Leute trifft, produktiv lernen oder arbeiten kann. Wir sehen uns klar als Kuratorin von inspirierenden Begegnungsorte. Wir setzen dabei auf eigene Konzeptkreationen, aber auch auf Konzepte, die wir zusammen mit Partner:innen entwickeln. Wir können uns auf ein hervorragendes Netz an Partner:innen, alles familien- oder inhabergeführte Schweizer Unternehmen, stützen. Unternehmerisches Denken ist ausserdem ein wichtiger Faktor bei der Führung unserer Betriebe
Ein Beispiel für einen solchen Begegnungsort ist das im 2023 eröffnete Green Kitchen Lab. Was macht diesen Begegnungsort so einzigartig und wie wurden da die sechs definierten Dimensionen eines Begegnungsortes umgesetzt?
Nadja Lang: Das Besondere am Green Kitchen Lab ist, dass die pflanzenbasierte Ernährung im Vordergrund steht und Fleisch auf Wunsch das «Add-on» ist. Vor den Augen unserer Gäste bereiten wir die Menüs basierend auf gesunden, aber genussvollen Rezepturen, frisch vor Ort zu. Zudem setzen wir auf eine Raumgestaltung, die auf das Angebot und die Bedürfnisse unserer Gäste zugeschnitten ist. Weiter gibt es keine Kasse mehr, sondern wir arbeiten mit einem neuen System, bei dem automatisch die Kosten für die Konsumation eingescannt und abgebucht werden. Trotzdem ist uns gelebte Gastfreundschaft auch im Green Kitchen Lab wichtig: Es gibt eine Gastgeber:in, welche die Gäste willkommen heisst und bei Bedarf unser Konzept erklärt. Das Green Kitchen Lab ist die Mensa der Zukunft und in vielem vergleichbar mit einem Restaurant. Es ist zudem die erste Mensa, in der man einen Tisch reservieren kann. Wir decken hier also alle sechs Dimensionen des Begegnungsortes der Zukunft ab. Jeder der dieses einzigartige Konzept gerne erleben will, ist eingeladen, das Green Kitchen Lab an der Uni Irchel in Zürich zu besuchen. Es lohnt sich!
Highlights
Kommen wir nochmals auf das Berichtsjahr zurück:
Worauf seid ihr besonders stolz, wenn ihr auf 2023 zurückschaut?
Esther von Ziegler: Für mich sind es die Menschen und die Teams beim ZFV. Es freut mich sehr, dass wir auf viele enorm engagierte, langjährige sowie auf ebenso motivierte, neue Mitarbeitende zählen dürfen, die mit Freude zusammenarbeiten. Man merkt, dass sich der unternehmerische Spirit positiv entwickelt. Auch die Zusammenarbeit zwischen dem Verwaltungsrat und der Geschäftsleitung ist sehr gut; alle zusammen verfolgen wir das Ziel den ZFV voranzubringen. Wir sind dabei auch mutig und testen Neues aus. Ein Beispiel hierfür ist das neu gegründete Unternehmen Kleiner Jung AG, das die Bäckereilandschaft bereichern wird.
Nadja Lang: Ganz wichtig ist mir die im 2023 weiterentwickelte partizipative Unternehmenskultur. Beispielsweise die neuen Leadership-Grundsätze, die wir gemeinsam mit dem Team erarbeitet haben. «Transparent sein», «Mut haben», «Vertrauen schenken» und «Freude leben»: Diese Grundsätze werden immer mehr gelebt. Mit der Einführung des sogenannten Entwicklungsdialog ermöglichen wir künftig einen strukturierten Austausch mit unseren Mitarbeitenden. So identifizieren wir Bedürfnisse und Potenziale und gehen diese gezielt an. Zudem freut es mich besonders, dass wir im Berichtsjahr die Ausschreibung des Gastronomiemandats der Uni Zürich für uns entscheiden konnten und damit weitere sieben Jahre in der grössten Bildungsstätte der Schweiz die Campusgastronomie betreiben und innovativ weiter entwickeln dürfen.
Partnerschaften
Immer wieder arbeitet der ZFV mit Start-Ups zusammen oder geht innovative Partnerschaften ein.
Weshalb?
Nadja Lang: Partner:innen, die für unser Kerngeschäft neue Ideen bringen und einen Mehrwert schaffen sind für uns immer interessant. Nehmen wir das Beispiel ViCAFE: Wir sind an diesem Unternehmen nicht beteiligt, können aber durch diese Partnerschaft an unseren Standorten Barrista-Kompetenz mit einem starken Brand bieten, die von unseren Gästen nachgefragt wird. ViCAFE profitiert ebenfalls: Der ZFV hat aufgrund seiner Grösse die Möglichkeit, Mandate mit Multi-Standorten zu betreiben und kleineren Partner:innen entsprechende Plattformen zu bieten, die sie ansonsten nicht hätten. Gegenüber unseren Auftraggebenden nehmen wir dabei die Kuratorinnen-Rolle für den Begegnungsort wahr.
Zukunft
Ist der ZFV auf Kurs für die weitere Zukunft oder woran gilt es aus Sicht des Verwaltungsrats zu arbeiten?
Esther von Ziegler: Ja, wir sind auf Kurs. Wir haben Vieles bereits klar definiert. Wir wissen, wo wir hinwollen und woran wir konsequent arbeiten müssen, um unsere Ziele zu erreichen. Gleichzeitig bleiben wir mutig und flexibel. Gerade die Corona-Krise hat uns gelehrt, dass man als Unternehmen auch dafür gewappnet sein muss, sich kurzfristig anzupassen.
Wenn Du einen Wunsch für den ZFV für 2024 offen hättest, wie würde dieser lauten?
Nadja Lang: Ich wünsche mir, dass sich der enorme Effort, den wir leisten, in einer klaren Marktstärke widerspiegelt und sich so auszahlt. Gleichzeitig ist es mir wichtig, dass wir als Team bei der Zusammenarbeit mit Auftraggebenden, Kund:innen und Partner:innen flexibel, agil und dynamisch bleiben. Ganz im Sinne von: wir sind ein “grosses KMU und kein kleiner Konzern”.
Esther von Ziegler: Ich wünsche mir zufriedene Menschen an unseren Begegnungsorten – seien es die Mitarbeitenden, Auftraggebende, unsere Gäste oder auch unsere Lieferant:innen und Partner:innen. Sie alle sind für unseren Erfolg zentral. Deshalb: Für mich ist und bleibt der Mensch das Wichtigste überhaupt.