Kunstvoll: Kleine Kunstwerke für einen besonderen Begegnungsort

Begegnungsorte & Partnerschaften
 - 
Frau vor einem Regal mit Keramik hält sich einen kunstvoll verzierten Teller vor das Gesicht

«Wir bringen Kunst ins Seefeld». Mit dieser Vision vor Augen wurde die Lobby vom Hotel Seefeld und die Café Bar FLOR umgestaltet. Dabei verschmolzen in dem neuen Begegnungsort viele besondere Projekte zu einem Gesamtkunstwerk. Eine der Künstler:innen, die Kunst wortwörtlich auf die Teller brachten, ist Sibylle. Bei einem Besuch in ihrem Keramikatelier zeigt sie uns, wie bei ihr ehemalige ZFV-Cateringteller ein zweites Leben als Kunstwerk bekommen.

In den 1930er-Jahren, in denen das Gebäude des heutigen Hotel Seefelds erbaut wurde, bestand die Nachbarschaft grösstenteils aus Künstler:innen. Als Ende 2023 der Umbau der Lobby und der Bar des Hotel Seefelds startete, war für das Sorell-Team klar: hier soll ein Begegnungsort entstehen, deran diese Zeit anknüpft. Und weil nicht nur die Kunst, sondern auch der Gemeinschaftsgedanke in der Nachbarschaft berücksichtigt werden sollte, setzten sie bei der Umsetzung auf Partner:innen aus der Umgebung. 

Die Ateliers der Nachbarschaft

Eine dieser Partner:innen brachte in ihrem Keramikatelier nur wenige Minuten vom Hotel entfernt, Kunst wortwörtlich auf die Teller. Sibylle ist gelernte Keramikerin und setzt immer wieder Aufträge für die Gastronomie um. So repariert sie z.B. angebrochenes Geschirr und verhilft den Stücken mit von ihr kreierten «Goldnähten» im Kintsugi-Stil zu neuem Glanz. Die Idee, mit der das Sorell-Team auf sie zukam, war aber auch für sie etwas völlig Neues: Sie sollte ehemaligen Kantinentellern, die bis dato in einem Lager lagerten , ein zweites Leben verschaffen.

Frau mit Latzhose sitzt an einem Tisch und verziert Teller

Formvollendet

In der Wahl, wie sie die Teller kunstvoll aufwerteten sollte, war Sibylle völlig frei. Mit dem Ziel, etwas ganz Spezielles zu schaffen, entschied sie sich nach einigen Tests für eine alte Schweizer Technik der Keramikkunst: die Hörnlimalerei. Leicht modernisiert nutzte sie Ohrenspritzen, um die von ihr hergestellte Glasur in zwei Farben auf die Teller aufzutragen. Konzentriert arbeitet sie an dem antiken Holztisch in ihrem Atelier. Und auch, wenn vor ihr handgemalte Skizzen liegen, werden die von Sibylle aufgetragenen Muster auf jedem Teller individuell gestaltet. Die sanft geschwungenen Formen verwandeln die Teller so in Einzelstücke. «Wenn ich meine Formensprache beschreiben müsste, wäre es organisch, sinnlich und manchmal auch etwas schräg. Das zeigt sich in diesem Projekt in den sanft geschwungenen, fliessenden Formen. Natürlich mache ich für Aufträge auch andere Dinge. Auch bei den Tellern für das Hotel Seefeld hatte ich verschiedene Entwürfe eingereicht, war aber sehr glücklich, alsderjenige ausgewählt wurde, der mir am meisten entspricht und in dem ich mich gestalterisch voll austoben kann.»
 

Keramikkünstlerin verziert einen Teller nach einer vor ihr liegenden Skizze
Frau in Latzhosen steht vor einem Tisch mit Tellern in einem Keramikatelier

Ofengötter & Frühstückstassen

Teller für Teller werden zu einem Kunstwerk und langsam füllt sich Sibylles Atelier. Jeweils einen Tag sitzt sie an 49 Tellern, die zusammen gebrannt werden. Nicht nur das sorgfältige Auftragen der Glasur nimmt dabei Zeit in Anspruch, sondern auch das Brennen. Im 1270° Grad heissen Brennofen verweilen die Teller rund drei Tage: eine Nacht wird gebrannt, zwei Tage abgekühlt. Zuvor muss Sibylle den Brennofen aber noch richtig setzen, also einräumen. Schicht für Schicht stapelt sie dafür Cordierit-Platten und Ofenstützen aus feuerfestem Material übereinander und legt die bemalten Teller sorgfältig hinein. Nachdem Sibylle den Ofen geschlossen hat, platziert sie vorsichtig einen «Ofengott» darauf. Die kleine, von ihr modellierte Tonfigur stammt aus einer Tradition, die Sibylle noch aus ihrer Ausbildung hat: «Sobald die Stücke im Ofen sind, muss ich mich ganz darauf verlassen, dass alles klappt. Bei grossen Aufträgen und komplexeren Arbeiten bewacht der Ofengott den Brand und bringt noch etwas Extraglück.» Für alle grösseren und kniffligeren Projekte kreiert sie jeweils einen passenden Ofengott. Unserer besteht aus geschwungenen Formen und erinnert ein bisschen an eine elegante Tasse. Das passt bestens, werden die Teller doch später die Frühstücksgäste des Hotels begeistern. Nun, da der Ofen läuft, räumt Sibylle ihr Atelier auf. Bevor sie ihren Tag beendet, beantwortet sie uns nochmals einige Fragen über sich und ihre Kunst. Danach verlassen wir ihr Atelier und lassen den Brennofen und seinen Ofengott für die nächsten drei Tage ihre Arbeit tun. 

Frau platziert einen Ofengott, madelierte Keramikfigur, auf einem Brennofen
Frau in einem Keramikatelier baut den Brennofen zusammen

Mitte April feiert die Café Bar FLOR sowie die frisch renovierte Lobby des Hotel Seefelds offiziell Eröffnung. Bis dahin werden nicht nur die Teller von Sibylle, sondern zahlreiche andere kleinere und grössere Kunstwerke aus der Nachbarschaft den Weg in den neuen Begegnungsort gefunden haben. Von Fotografien eines jungen Künstlers über Leuchten aus einem 3D-Drucker und einem Shop mit fairen Produkten bis hin zur handgemalten Tapete. Ein Besuch lohnt sich allein schon, um einmal von einem echten Kunstwerk zu Frühstücken. Und wer weiss, vielleicht triffst du dabei auch auf Künstler:innen wie Sibylle, die im Café Bar FLOR eine Pause geniessen.
 

Frau in Latzhosen steht vor einem Tisch mit Tellern in einem Keramikatelier
Wenn ich die Teller bemale, bin ich so in meiner eigenen Welt, dass ich die Muster gar nicht richtig sehe. Jedes Mal, wenn ich den Ofen öffne und die fertigen Werke sehe, ist es für mich daher selbst eine kleine Überraschung. Und ich kann es kaum erwarten, die Teller dann endlich final im Einsatz zu sehen. Ich freue mich schon, das erste Mal davon ein leckeres Croissant zu essen.
Sibylle Meier Keramikkünstlerin